2016: Bericht von der Afrikareise der Schatzmeisterin Sr. M. Martina Drzymota

Zum vierten Mal seit der Gründung unserer ersten Niederlassung in Afrika durfte ich nach Tansania reisen. Im Sommer 2016 bat mich unsere Generaloberin, eine Mitschwester aus der polnischen Provinz Breslau nach Arusha zu begleiten, damit sie unsere dortigen Missionarinnen in ihren vielfältigen Aufgaben, besonders aber bei der geistlichen Ausbildung der jungen afrikanischen Mitschwestern, unterstützen konnte.

Über Dar es Salaam und Arusha kam ich dann nach Maganzo, wo unseres kleines Gesundheitszentrum aufgebaut wird. Zeitlich passte es sehr gut, da der Jahresabschluss für das Jahr 2016 bevorstand und ich vor Ort die Abrechnung erledigen und die Bilanz erstellen konnte. Gleichzeitig konnte ich mich von dem Fortgang und der Entwicklung des Projektes selbst überzeugen und die Nachweise für die gemeinnützige Verwendung der von Deutschland überwiesenen Spenden vorbereiten. Als Schatzmeisterin des Vereins bin ich nämlich verpflichtet dafür zu sorgen, dass die gesammelten Spenden zweckmäßig für den Aufbau und den Fortbestand des Health Centre Maganzo verwendet werden und somit die Gemeinnützigkeit des Vereins erhalten bleibt. Regelmäßig verfasse ich dann für das Finanzamt Berichte über die Tätigkeit des Vereins.

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Maganzo ist ein kleines Dorf, der überwiegend von armen und mittellosen Familien bewohnt wird. Die Bevölkerung von Maganzo und Umgebung lebt in einfachen, meistens einräumigen Lehm-, Blech- oder Bretterhütten mit einem Stroh- oder Wellblechdach. Statt Fensterscheiben werden zerfetzte Lumpen oder blaue Plastiksäcke benutzt. Diese Behausungen sind oft in erbärmlichem Zustand, weil Ausbesserungen und Reparaturen gar nicht oder nur selten durchgeführt werden. Deswegen sieht fast alles unordentlich und zerfallen aus. In den Hütten wird eigentlich nur geschlafen, das ganze Leben spielt sich vor dem Haus ab. Hier wird gekocht auf einer Feuerstelle, gegessen und abgewaschen. Hier spielen die Kinder und die Erwachsenen treffen sich zum Plaudern, hier werden Haushalts- oder Handwerksarbeiten ausgeführt und hier leben auch die Tiere (Hühner, Esel, Ziegen und Kühe). Das alltägliche Essenmenü besteht meistens nur aus Reis und Bohnen, Fleisch gibt es nur selten, ebenfalls Gemüse und Obst. Für den Lebensunterhalt der Familie sorgen meistens die Frauen, indem sie auf den Märkten oder direkt auf den Straßen das verkaufen, was sie auf ihren Feldern oder in ihren Gärten gepflückt haben. Deswegen ist die Existenz der Bevölkerung sehr vom Klima abhängig. Ab November ist hier Regenzeit. In dem vergangenen Jahr haben also die Einwohner ihre Felder wie immer versorgt und warteten auf Regen. Der Himmel blieb aber bis vor kurzem azurblau, so dass inzwischen alle eingesetzten Pflanzen vertrocknet sind und ein Hungerjahr steht bevor. Die Lebensmittelpreise sind jetzt schon massiv gestiegen.

Es gibt im Dorf keine asphaltierten Straßen, sondern nur hart abgetretene Fahr- oder Gehwege mit vielen Löchern und Stoppeln. Wenn ein Auto oder öfter ein Motorrad fährt, sieht man schon von weitem eine rote trockene Staubwolke. Entsprechend sehen die Kleider aus, auch die ganze Umgebung ist ziemlich verstaubt und verdreckt. Sauberkeit und Ordnung spielen wohl keine große Rolle. Man wirft alles einfach auf den Boden. Falls mal gekehrt wird, bleibt der zusammengekehrte Dreck einfach nicht weit vom Haus liegen bis der Wind ihn in den Straßengraben fegt.

Für uns Europäer ist es unvorstellbar, so leben zu können und dann noch zufrieden und froh sein zu können. Und das sind die Dorfbewohner auf jeden Fall. Sie haben keine hohen Ansprüche und sind tatsächlich mit dem zufrieden, was sie haben. Sie teilen das Wenige untereinander auch noch aus. Und manche besitzen wirklich praktisch nichts, oft nicht mal das spruchwörtliche Dach über dem Kopf. Sie sind sehr dankbare und wohlwollende Menschen, aber manchmal erwarten sie zu viel von den „Weißen“ und betteln lieber als selbst zuzupacken. Trotzdem bewundere ich diese Menschen für ihren Überlebensmut.

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Rund um Maganzo gibt es sehr viele Kinder. Die meisten Kinder gehen in die Schule und können lesen und schreiben. Einige brechen jedoch die Schule viel zu schnell ab oder bleiben überhaupt zu Hause, um die Geschwister zu hüten oder zu arbeiten. Die Kinder sind oft staubig und schmutzig, weil das Wasser fehlt, ihre Kleidung ist fast immer aus der zweiten Hand, oft zerrissen und zerfetzt. Sie machen ihre Spielzeuge selbst z. B aus den leeren Plastiktrinkflaschen und freuen sich über einen einfachen Bonbon, den sie sonst nicht haben. Die Erziehung der jüngeren Geschwister übernehmen die älteren. Oft sieht man ein manchmal auch kleines Kind, das ein anderes noch kleineres stundenlang auf den Rücken trägt. Es gibt im Dorf auch sehr viele Kinder aus armen und sozialbenachteiligten Familien, die in armseligen Bedingungen leben. Mir wurde gesagt, dass im Dorf ca. 5.650 Kinder leben, davon sind 143 Waisenkinder aus 76 Familien, deren Eltern oft an Aids gestorben sind. Sie sind auf Unterstützung angewiesen. Bis zu 60 dieser Kinder und Jugendlichen bekommt bei den Schwestern nicht nur Religions- und Nachhilfeunterricht, sondern mehrmals in der Woche auch eine warme Mahlzeit. Trinkwasser ist für sie immer ausreichend da. Für viele dieser Kinder ist das Essen am späten Nachmittag (17.00 Uhr) die erste Mahlzeit des Tages. Erschüttert hat mich an einem Tag die Schilderung der Kinder über zwei Familien, deren Kinder nicht zum Essen kamen, weil sie vor Hunger zu schwach waren, um sich auf den Weg zu machen. Und dies geschieht im XXI. Jahrhundert, einer Zeit des Wegwerfens. Für die besonders begabten Kinder aus armen Familien organisieren die Schwestern die sogenannte Patenkindschaft, damit sie finanziell unterstützt die Schul- und Berufsausbildung abschließen und dadurch ihre Zukunft sichern können.

Die medizinische Versorgung ist katastrophal. Im Dorf gibt es kein Wasser und keinen Strom, deswegen verbreiten sich hier schnell die armutsbedingten Krankheiten und Infektionen mit ihren Begleiterscheinungen und Folgen. Aids und Malaria sind die Haupterkrankungen oft mit tödlichem Verlauf. Um die Menschen in ihrem Kampf mit den Krankheiten zu unterstützen und ihnen ein menschenwürdigeres Leben zu ermöglichen, sind die Schwestern auf Bitten vom Ortsbischof im Jahr 2011 nach Afrika gegangen und übernahmen die Verantwortung für den Aufbau und die Fortentwicklung des geplanten kleinen Hospitals mit 45 Betten. Nach der Einrichtung und Inbetriebnahme der einzelnen Fachbereiche führen sie deren Geschäfte, arbeiten mit den einheimischen Ärzten und dem Pflegepersonal zusammen, organisieren die Patientenversorgung und kümmern sich weiterhin um die Registrierung des Hospitals.

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Mit Unterstützung von Fördergeldern und Spenden des Afrika-Vereins konnten zahlreiche bauliche Maßnahmen wie funktionierende Wasser- und Energieversorgung, Bau von sanitären Anlagen und einer Verbrennungsanlage für die Müllentsorgung sowie Eirichtung eines Waschhauses und Trockenplatzes realisiert werden. Alle erforderlichen Patientenzimmer samt Einzelzimmern, Funktions- und Lagerräumen und Büros wurden inzwischen eingerichtet und ausgestattet. Die Essensversorgung des Personals und der Patienten sicherte eine kleine Cafeteria. Es wurde vieles ergänzt, repariert und fast alles modernisiert. Laufend schafft man medizinische Geräte (u.a. Ultraschall- und EKG-Gerät) und Instrumente an.

Als erster Krankenhausbereich wurde Anfang 2014 die Notfallambulanz in Betrieb genommen. Mit der Eröffnung der Entbindungsstation und des Kreißsaales sowie der Aufnahme der Versorgung der Mütter und Nachsorge der Kleinkinder musste der Drei-Schichtdienst eingeführt, die Zahl des Pflegepersonals erhöhen werden. Täglich behandeln die einheimischen Ärzte ca. 30-40 Patienten im akuten Bereich. Die Zahl dieser Patienten wächst ständig, besonders seit November 2016. Zu diesem Zeitpunkt hat die Klinik einen Vertrag mit zwei Krankenversicherungen abgeschlossen und darf deren Versicherte behandeln. Auch viele werdende Mütter oder Mütter mit Kleinkindern kommen zur Vor- oder Nachsorge. Inzwischen sind bei uns ca. 1.200 Mütter registriert, die später bei uns entbunden werden. Auch die Zahl der Geburten steigt nach den Anfangsschwierigkeiten jeden Monat.
Zurzeit wird die Einrichtung des Operationsbereichs (OP-Saal) mit seinen Nebenräumen (Umkleideräume für Männer und Frauen, 2 Bereitschaftsdiensträume für das OP-Personal, ein unreiner Arbeitsraum für Instrumentenreinigung und eine Putzkammer) in Angriff genommen. Es fehlt noch die nötige OP-Ausstattung (OP- Lampe, OP-Tisch, Narkosegerät, verschiedene Instrumente, sowie Verbandstoffe, Nahtmaterial, OP-Kleidung, OP-Abdeckmaterial), die ca. 50.000.- € verursachen wird. Für die kontinuierliche Stromversorgung, besonders für einen gut funktionierenden OP, brauchen wir noch einen Generator. Wir hoffen, dass Ende Februar 2017 der OP-Bereich fertiggestellt wird und der Registrierungsantrag für das „Health Centre Maganzo“ mit geplanten 45vollstationären Betten eingereicht und bald positiv bearbeitet werden kann.

In der nächsten Zukunft geplant sind der Bau einer Leichenhalle, eines Konferenzraumes und zwei Umkleideräume für das Krankenhauspersonal. Diese Räume sind gefordert vom Staat. Auch ein kleiner Gebetsraums ist für die Patienten und deren Angehörigen sehr wichtig und soll in der Klinik nicht fehlen.
Unser angehendes Hospital hat einen sehr guten Ruf und einen mit Deutschland vergleichbaren sehr hohen Standard (die Behörden fordern von uns viel mehr als von einem staatlichem Krankenhaus). Die meisten Patienten bezahlen geringfügig für ihre Behandlung, was aber für den Betrieb nicht kostendeckend ist und wohl auch in Zukunft nicht sein kann. Nach dem Vorbild unserer Patronin der heiligen Elisabeth und der Mitbegründerin unserer Kongregation der seligen Maria Luise Merkert werden in der Klinik aber auch viele Patienten unentgeltlich behandelt, weil sie zu arm sind, um die Kosten allein zu tragen. Die Schwestern kennen inzwischen schon die „echten“ Armen, die diesen Beitrag nötig brauchen, um würdig leben zu können. Wie sie haben wir einen kleinen Fond aus dafür zweckgebundenen Spenden eingerichtet. Manchmal erhalten die Schwestern von den Armen als Bezahlung Naturalien wie Bohnen, Mais oder Hühner.
Wir erhoffen nach der Eröffnung der chirurgischen Abteilung mit eigenem OP und nach dem Erlangen der Registrierung als „Health Centre“ einen weiteren und größeren Zulauf der Kranken, so dass die Einnahmen der Klinik mindestens die Material- und Personalkosten decken können.
Diese großen Fortschritte in der Entwicklung der Klinik in einer so kurzen Zeit sind nur möglich dank der vielen Spender und Wohltäter, die das Projekt finanziell unterstützen. Die Klink ist entstanden und lebt nur dank der Spenden. Alles, was bisher gebaut und entstanden ist, wurde aus den weitergeleiteten Spenden des Vereins „Freunde von Maganzo Tansania eV“. finanziert. Die Tageseinnahmen der Klinik machen nur einen kleinen Teil aller Einkünfte aus, sie reichen nicht mal für die Deckung der Personalkosten aus, obwohl die Schwestern unseres Ordens weiterhin unentgeltlich arbeiten.
Damit die Klinik existieren und sich weiter entwickeln kann, braucht sie weiterhin die aktive Unterstützung von vielen Menschen guten Willens. Ich bitte Sie also herzlich, dass Sie dieses Projekt in Ihr Herz schließen und mit Ihren Spenden den Menschen beistehen, die Ihre Hilfe am nötigsten brauchen.
Mit den Menschen in Maganzo sage ich Ihnen aus ganzem Herzen „Asante sana“ (vielen Dank) und verspreche Ihnen das Gebet.

Sr. Martina Drzymota
Schatzmeisterin